Das spanische Rechtssystem

Verhaftung in Spanien

Eine Verhaftung stellt einen besonders komplexen Umstand dar und ist für alle Beteiligten kompliziert, sowohl für die verhaftete Person, aber auch für die Polizeibeamten und Juristen. Wurde man in Spanien verhaftet ist es wichtig alle Rechte zu kennen, die einem beistehen. Heutzutage achtet die spanische Polizei ausnahmslos darauf, dass einer Person, die sich in Polizeigewahrsam befindet, umgehend alle Rechte mitgeteilt werden. Im Falle von Ausländern verfügt die Polizei über entsprechende Blätter in verschiedenen Sprachen oder zieht unverzüglich einen Dolmetscher hinzu. Grundsätzlich hat eine sich in Polizeigewahrsam befindliche Person folgende Rechte:

Schriftlich und in einer ihr verständlichen Sprache über den Sachverhalt, der einem zur Last gelegt wird, und Grund der Festnahme unterrichtet zu werden. Fernerhin über die Rechte, die einem zustehen, und insbesondere über folgende Rechte:

  • Da Recht zu schweigen, keine oder nur einige der Fragen zu beantworten, die einem gestellt werden oder zu äußern, dass man nur vor einem Richter aussagen wird.
  • Sich nicht selber zu belasten und sich für nicht schuldig zu erklären.
  • Das Recht auf den unverzüglichen Beistand eines Rechtsanwalts. Sollte der Rechtsanwalt, aufgrund der Distanz, nicht umgehend vor Ort erscheinen können, so muss der verhafteten Person die Möglichkeit gewährt werden, mit dem Rechtsanwalt zu telefonieren oder mittels Videokonferenz in Kontakt zu treten.
  • Zugang zu den grundlegenden Verfahrensgängen und Akten um gegen die Verhaftung Rechtsmittel einlegen zu können.
  • Den Familienangehörigen oder der Person seiner Wahl, unverzüglich und ohne ungerechtfertigte Verzögerung, die Verhaftung und den Ort seines Gewahrsams mitzuteilen. Ausländer haben das Recht die vorbenannten Umstände der diplomatischen Vertretung Ihres Landes mitzuteilen.
  • Mit einem Dritten seiner Wahl, unverzüglich und ohne ungerechtfertigte Verzögerung, zu telefonieren. Das Telefonat hat im Beisein eines Beamten stattzufinden.
  • Besuch von den diplomatischen Vertretern seines Landes zu erhalten, sich mit diesen zu kommunizieren und Schriftverkehr zu führen.
  • Den kostenlosen Beistand eines Dolmetschers, falls man der spanischen Sprache nicht mächtig ist, schwerhörig eine andere Beeinträchtigung oder Sprachschwierigkeiten haben sollte.
  • Von dem zuständigen Gerichtsmediziner oder Amtsarzt untersucht zu werden.
  • Prozesskostenhilfe zu beantragen und Auskunft darüber zu erhalten.

Bei Festnahmen von Minderjährigen oder fürsorgepflichtigen Personen ist die Polizei verpflichtet sofort die Eltern oder Sorgeberechtigten über die Inhaftierung zu unterrichten. Ist es nicht möglich diese zu erreichen oder ausfindig zu machen, wird unverzüglich die Staatsanwaltschaft informiert.

Die Verhaftung in Spanien unterliegt überdies einem Zeitlimit. Die spanische Verfassung bestimmt ausdrücklich, dass eine Inhaftierung nur die erforderliche Zeit beanspruchen darf, die für die Klärung des Sachverhaltes nötig ist. Diese Untersuchungen können sich aber nicht willkürlich verlängern und dürfen unter keinen Umständen einen Zeitrahmen von 72 Stunden überschreiten. Innerhalb dieser Frist muss der Inhaftierte entweder freigelassen oder dem Haftrichter vorgeführt worden sein.

Die Durchführung der Verhaftung muss immer nach dem Prinzip der minimalsten Beeinträchtigung für die verhaftete Person, deren Ruf und Vermögen erfolgen. Die Beamten müssen darauf achten, dass die in der Verfassung verankerten Grundrechte des Festgenommen (z. B. Ehrgefühl oder Intimsphäre) nicht verletzt werden, aber gleichzeitig das Recht auf Informationsfreiheit wahren.

Sollte man keinen Rechtsanwalt kennen bekommt man einen Pflichtverteidiger zugeteilt. Die Polizei informiert die Rechtsanwaltskammer, die dann einen Rechtsanwalt schickt. Alle spanischen Rechtsanwaltskammern verfügen über Notdienste, die 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche und 365 Tage im Jahr im Einsatz sind. Die Rechtsanwaltskammer Saragossa verfügt z.B. über einen Notdienst, der für jeden Tag des Jahres aus einer Gruppe von mehreren Rechtsanwälten besteht, die 24 Stunden Schichtdienst haben. Der Gruppenleiter nimmt die Telefonate der Polizei oder des Gerichts entgegen und organisiert den Beistand der Kollegen. Die jeweiligen Rechtsanwälte sind fernerhin auf verschiedene Sachverhalte spezialisiert (schwere Straftaten, Minderjährige, Schnellverfahren usw.).

Habeas Corpus

Zum Abschluss darf eine Erwähnung zum Habeas Corpus Verfahren nicht fehlen. Die Wörter habeas corpus (lat. für „du habest den Körper“ oder „du sollst den Körper haben“) tauchen immer dann auf, wenn es um eine Verhaftung geht. Bei Verhaftungen in Spanien sollte man wissen, dass dieses Verfahren und Grundrecht eine der besten Garantie für einen korrekten Ablauf der Dinge ist.

Eine mögliche Definition des Konzeptes habeas corpus wäre „Es ist das Recht eines jeden festgenommenen oder inhaftierten Bürgers, ohne Verzug und öffentlich, vor einem Richter oder Gericht zu erscheinen und angehört zu werden, damit dieser entscheidet ob seine Festnahme rechtmäßig war oder nicht“.

Der Ursprung ist die englische Habeas Corpus Act aus dem Jahre 1679, laut der kein englischer Untertan ohne richterliche Anordnung inhaftiert oder gegen seinen Willen festgehalten werden darf. Mit dem Schreiben Writ of habeas corpus ad subjiciendum befiehlt der Richter dem Gefängniswärter, dass der Inhaftierte ohne Verzug zu ihm gebracht wird. Auch im spanischen Recht gab es schon ähnliche Figuren, wie z.B. den „Recurso de manifestación de personas“ des Königreiches von Aragonien aus dem Jahre 1428.

Die Finalität ist also sehr konkret. Man möchte jene Person beschützen, die gesetzwidrig oder willkürlich festgehalten wird. Dies beinhaltet alle Festnahmen die nicht gesetzesmäßig sind, jene die es zwar sind aber illegal verlängert werden oder unter gesetzwidrigen Umständen stattfinden.

Auf diese Art und Weise stellt das Verfahren des habeas corpus ein sehr einfaches Mittel zum Schutz des Bürgers dar. Dieser fordert einfach und formlos sofort vor einen Richter gebracht zu werden, damit der Richter (die rechtsprechende Gewalt) über die Umstände seiner Verhaftung entscheiden kann.

Heutzutage mag dies als selbstverständlich und fast sogar trivial erscheinen. Die Transzendenz ist aber von enormer Tragweite, denn das Habeas Corpus Verfahren beschützt ein elementares Grundrecht des Bürgers gegenüber dem Staat: sein Recht auf die persönliche Freiheit. Dieses Grundrecht ist Artikel 17 der spanischen Verfassung verankert und wurde per Organgesetz 6/1984, vom 26. Mai, ausgeführt.

Das Verfahren, für das kein Anwaltszwang herrscht, können verschiedene Personen einleiten:

  • Der Inhaftierte, sein Ehepartner oder ihm nahestehende Person, seine direkten Verwandten und im Falle Minderjähriger oder fürsorgepflichtiger Personen die Eltern oder Sorgeberechtigten.
  • Der verantwortliche Richter
  • Die Staatsanwaltschaft
  • Der Defensor del Pueblo (spanische Bürgerbeauftragte oder Ombudsmann).

Im Ernstfall funktioniert das ungemein einfach. Entweder mit einer Vorführung und Protokoll oder per Schriftstück bestehend aus drei Punkten:

  1. Name und Umstände des Bittstellers und Angabe der Person für die der Antrag gestellt wird.
  2. Aufenthaltsort des Inhaftierten und alle weiteren Umstände, die wichtig sein könnten z.B., welche Staatsgewalt diesen festhält.
  3. Der konkrete Grund des habeas corpus.

Verhaftung und habeas corpus sind eng miteinander verflochten, obwohl man in der Praxis dieses Verfahren so gut wie nie zu sehen bekommt. Die spanische Polizei geht sehr professionell vor. Außerdem existieren ein Spanien ein permanentes Haftrichtersystem und ein kontinuierlicher Notdienst der Rechtsanwaltschaft, so dass ein Eingreifen der richterlichen Gewalt meist unmittelbar erfolgt. Überdies hinaus würde es sich bei einer gesetzeswidrigen Festnahme um eine Straftat handeln, für die Freiheitsstrafe vorgesehen ist.