Das spanische Rechtssystem

Anwaltszwang

Oft haben die Parteien keine juristische Ausbildung genossen. Dem Rechtsanwalt oder Verteidiger kommt daher eine besondere Rolle zu. Er verhindert eine Unterlegenheit vor Gericht und sorgt für ein gerechtes Verfahren. Er verhindert eine Unterlegenheit vor Gericht und sorgt für ein gerechtes Verfahren. Im Strafverfahren wird dies auch als Waffengleichheit bezeichnet.

Das Gesetz sieht daher in bestimmten Situationen einen Anwaltszwang vor. Auch hier hat es Änderungen gegeben, vor allem durch die neue Ley de Enjuiciamiento Civil (spanische Zivilprozessordnung) aus dem Jahre 2001 und die den alten Text aus dem Jahre 1881 ablöste. Gegenwärtig ergibt für die wichtigsten Verfahren folgendes Bild:

1. Zivilprozess

Hier ist nach den wichtigsten Verfahren zu unterscheiden

  • Juicio Verbal (Mündliches Verfahren). Es handelt sich hierbei um ein mündliches Kurzverfahren bis zu einem Streitwert von 6.000 € oder bestimmte und durch die ZPO vorgesehen Fälle. Anwaltszwang ab einem Streitwert von 900 € und Prozessvertreterzwang ab 2.000 €.
  • Juicio Ordinario (Ordentliches Verfahren). Der Juicio Ordinario ist das Standardverfahren ab 6.000 € oder durch die ZPO vorgesehen Fälle. Anwaltszwang und Prozessvertreterzwang.
  • Proceso Monitorio (Mahnverfahren). Das Mahnverfahren bietet die Möglichkeit Geldforderungen durchzusetzen. Es handelt sich dabei nicht um ein Verfahren mit Verhandlung und Überprüfung des Anspruchs im klassischen Sinn, sondern um einen einfachen Zahlungsbefehl an den Schuldner. Hier existiert keine Streitwertbeschränkung.

Wurde der Antrag für zulässig erklärt können sich folgende Möglichkeiten ergeben:

  • Bei freiwilliger Zahlung des Schuldners wird das Verfahren beendet.
  • Wird gegen die Zahlungsaufforderung kein Widerspruch eingelegt oder die Aufforderung nicht beantwortet ergeht ein Vollstreckungsbescheid.
  • Legt der Schuldner gegen den Antrag Widerspruch ein, so wird das Verfahren, je nach Streitwert, in einen Juicio Verbal oder einen Juicio Ordinario umgeleitet.

Für den Antrag des Gläubigers ist weder ein Rechtsanwalt- noch Prozessvertreterzwang vorgesehen. Für den Widerspruch bzw. um Rechtsmittel gegen Mahnverfahren einzulegen (der Schuldner) herrscht jedoch Anwalts- und Prozessvertreterzwang, wenn der Streitwert —gemäß den allgemeinen Regeln der spanischen ZPO (siehe oben)— die entsprechende Mindestgrenze überschreitet. Gleiches gilt für die Vollstreckung.

2. Strafverfahren

Anwaltszwang. Ausgenommen davon sind nur geringfügige Vergehen (delitos leves) bzw. das damit verbundene Verfahren.

3. Verwaltungstreitverfahren

Anwaltszwang.

4. Arbeitsgerichtsverfahren

Inklusive erster Instanz kein Anwaltszwang. Um allerdings in Berufung oder Revision gehen zu können, d.h. das Urteil der ersten Instanz anzufechten und für weitere Instanzen, braucht man zwingend einen Rechtsanwalt. Fernerhin existiert hier die Besonderheit, dass man sich von einem Graduado social colegiado (zugelassener Fachwirt für Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeziehungen) verteidigen lassen kann.