Alkohol am Steuer in Spanien
Seit Jahren gehen die spanischen Behörden hart gegen Verkehrssünder vor und Trunkenheit am Steuer wird in Spanien strengstens verfolgt. So verschärfte der Staat schon im Jahre 2007 den Bußgeldkatalog und das Strafgesetzbuch. Ab Überschreitung der entsprechenden Promillegrenze stellt Trunkenheit am Steuer eine Straftat dar. Hier droht nicht nur Führerscheinentzug, Punkteabzug und ein Bußgeld, sondern auch gemeinnützige Arbeit, Gefängnisstrafe und ein Eintrag ins Vorstrafenregister.
Die Promillegrenze entscheidet üblicherweise darüber ob der Verstoß als Ordnungswidrigkeit oder Straftat geahndet wird. Das spanische Gesetz gibt hier die entsprechenden Werte nach Atemalkoholkonzentration (AAK) und Blutalkoholkonzentration (BAK) an. Der Grenzwert der BAK entspricht der deutschen „Promille“. Die Überprüfung der AAK erfolgt mittels Atemalkoholanalyse (umgangssprachlich „pusten“ genannt) und die BAK per Blutanalyse.
Ordnungswidrigkeit:
0,25 mg/l AAK oder 0,5 g/l BAK als allgemeiner Grenzwert für die Führerscheinklassen AM, A1, A2, A und B. Dieser Grenzwert gilt auch für Fahrradfahrer.
0,15 mg/l AAK oder 0,3 g/l BAK im Falle der Führerscheinklassen C1, C, D1 und D bzw. Berufsfahrer (u.a. Fahrer von Fahrzeugen für Passagierbeförderung mit mehr als 9 Plätzen, Nutzfahrzeuge über 3,5 T Gewicht, öffentlicher Gelegenheitsverkehr, Schulbusse usw.).
0,15 mg/l AAK oder 0,3 g/l BAK für alle Führerscheinneulinge während der ersten zwei Jahre ab Erhalt des Führerscheins.
Auf Ordnungswidrigkeiten wird das Straßenverkehrsgesetz angewendet (Real Decreto Legislativo 6/2015, de 30 de octubre, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley sobre Tráfico, Circulación de Vehículos a Motor y Seguridad Vial) und Trunkenheit am Steuer mit einem Bußgeld von 500 € geahndet plus dem Verlust von bis zu 6 Punkten auf dem Führerscheinkonto. Im Falle von Wiederholungstätern innerhalb eines Jahres wird ein Bußgeld von 1000 € fällig.
Straftat:
0,6 mg/l AAK oder 1,2 g/l BAK als allgemeiner Grenzwert.
Hier ist allerdings Vorsicht geboten. Auch wenn das Ergebnis der Atemalkoholkontrolle unter dem vorbenannten Wert für eine Straftat liegt kann dennoch ein Strafverfahren eingeleitet werden. Dies ergibt sich aus der Regelung des Artikels 379.2 Código Penal. Der anzuwendende Artikel sieht nämlich grundsätzlich vor, dass eine Straftat vorliegt, wenn ein Kraftfahrzeug oder Kleinkraftrad unter dem Einfluss von giftigen Drogen, Betäubungsmitteln, psychotropen Substanzen oder alkoholischen Getränken geführt wird. Und nachfolgend ergänzt der zweite Satz des Absatzes, dass in jedem Fall eine Straftat vorliegt, wenn der allgemeine Grenzwert überschritten wird. Das Erreichen oder Überschreiten der Promillegrenze stellt also keine zwingende Grundvoraussetzung für den Straftatbestand dar. Es kann daher durchaus vorkommen, dass das Ergebnis der Atemalkoholanalyse unter 0,6 mg/l liegt und trotzdem ein Strafverfahren eingeleitet wird, da aufgrund der Umstände der Einfluss auf die Fahrweise und Fahrzeugführung eindeutig belegt ist (z. B. bei einem Unfall). Hier muss zwingend jeder Fall einzeln analysiert werden.
Als Beispiel kann das Berufungsurteil des Landgerichts Madrid vom 27.11.2015 angeführt werden (Az 1689/2015, Roj: SAP M 15895/2015 und ECLI: ES:APM:2015:15895). Der Angeklagte hatte bei der Atemalkoholanalyse jeweils in der ersten und zweiten Messung ein Ergebnis von 0,47 mg/l und 0,43 mg/l erzielt und lag unter dem im Strafgesetzbuch festgesetzten Grenzwert von 0,6 mg/l. Aber das Einschreiten der Polizei erfolgte erst nachdem der Angeklagte am hellichten Tag, ohne Beteiligung anderer Fahrzeuge, am Ende einer geraden Straße und bei sehr guter Sicht gegen eine Kreisinsel fuhr, von der Straße abkam, gegen ein Straßenschild prallte, einen Baum ausriß und zwei weitere Bäume streifte. Außerdem stellte die Polizei am Unfallort entsprechende Begleitumstände fest, die auf einen Alkoholkonsum hinwiesen. Für das Landgericht war die Sache und das Vorliegen einer Straftat nach Artikel 379.2 Código Penal eindeutig.
Mit folgenden Strafen ist zu rechnen: drei bis sechs Monate Freiheitsstrafe oder sechs bis 12 Monate Bußgeld oder 31 bis 90 Tage gemeinnützige Arbeiten. In jedem Fall Führerscheinentzug von ein bis vier Jahren. Fernerhin Punkteabzug auf dem Führerscheinkonto und ein Eintrag in das Vorstrafenregister.
Handelt es sich um ein einfaches Alkoholdelikt (z. B. im Rahmen einer Verkehrskontrolle und somit ohne Unfall oder Unfallopfer) erfolgt die Einleitung eines schnellen Strafverfahrens (Juicio rápido), welches binnen 24-48 Stunden vor einem Ermittlungsrichter stattfindet. Ein Juicio rápido funktioniert ähnlich wie ein Strafbefehlsverfahren in Deutschland oder ein Mandatsverfahren in Österreich. Bei Einvernehmlichkeit zwischen Staatsanwaltschaft und dem Angeklagten (d. h. man ist mit dem Antrag des Strafmaßes einverstanden) ergeht direkt ein rechtskräftiges Urteil, das nicht mehr angefochten werden kann. Im Ausgleich für das Einverständnis des Angeklagten wird die Strafe um ein 1/3 gemindert. So kann z. B. ein Führerscheinentzug von einem Jahr auf acht Monate verringert werden (ein Jahr ist die im Strafgesetzbuch vorgesehene Mindeststrafe für Führerscheinentzug).
Ohne Einvernehmlichkeit wird aus dem Schnellverfahren ein normales Ermittlungsverfahren bzw. Strafverfahren. Es kommt dann später zu einer Gerichtsverhandlung. Bei diesem Urteil ist eine Minderung des Strafmaßes (wie im Schnellverfahren) aber nicht mehr möglich.
Andere wichtige Aspekte bei Alkohol oder Drogen am Steuer:
- Die Polizei prüft nicht nur den Alkoholgehalt, sondern oft auch den Drogenkonsum.
- Bei Verkehrskontrollen geht die Polizei heutzutage sehr gewissenhaft vor um Messfehler zu vermeiden. Die Kontrollen laufen nach festen Richtlinien ab um auch etwaige Verfahrensfehler zu vermeiden. Es werden fast nur noch geeichte Handmessgeräte und stationäre Messgeräte eingesetzt. Wird Alkohol im Atem festgestellt wird u. a. eine weitere ordnungsgemäße Kontrollmessung durchgeführt. Die Beamten nehmen auch die Begleitumstände und weitere wichtige Daten zu Protokoll (Alkoholgeruch, etwaiges lallen oder undeutliches und nicht artikulierendes Sprechen, rote Augen, Probleme das Gleichgewicht zu halten, euphorischer Zustand usw.).
- Die Atemalkohol- oder Drogenanalyse zu verweigern hat wenig Sinn (um z. B. den Führerschein zu retten). Die Verweigerung stellt eine Straftat nach Artikel 383 des Código Penal (Strafgesetzbuch) dar und wird mit Freiheitsstrafe von drei bis sechs Monaten und Führerscheinentzug von ein bis vier Jahren geahndet.
- Bei Unfällen wird standardmäßig immer eine Atemalkoholanalyse durchgeführt.
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