Strafrecht in Spanien
Wie in allen anderen europäischen Ländern gilt auch in Spanien, dass der Staat das Gewaltmonopol besitzt und die elementaren Rechtsgüter schützt. Besonders schwerwiegende Rechtsverletzungen werden vom Staat geahndet.
Das moderne spanische Strafrecht ist diesbezüglich kontinentaleuropäisch und durch die Nähe zum deutschen Strafrecht geprägt. Der grundlegende Einfluss deutscher Dogmatiker (v. Liszt, Mezger, Welzel oder Roxin) im Aufbau der Verbrechenslehre ist unverkennbar.
Auch in Spanien gilt, dass damit eine Person bestraft werden kann anfänglich drei Voraussetzungen erfüllt sein müssen:
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- Tatbestandsmäßigkeit (tipicidad)
- Rechtswidrigkeit (antijuridicidad)
- Schuld (culpa)
Erst wenn alle drei Teile erfüllt sind kann bestraft werden. Eine Straftat ist demzufolge tatbestandsmässige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung oder Unterlassung (siehe Das spanische Strafgesetzbuch).
Die Ahndung von Straftaten verfolgt drei Hauptzwecke:
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- Generalprävention (prevención general) oder auch Abschreckung. Dritte sollen grundsätzlich davon abgehalten werden Straftaten zu begehen. Verbotene Handlungen bleiben nicht folgenlos.
- Spezialprävention (prevención especial). Der Täter soll davon abgehalten werden weitere Straftaten zu begehen.
- Resozialisierung (resocialización). Der Strafvollzug soll den Täter resozialisieren und ihn wieder die Gesellschaft eingliedern.
Dies erfolgt in einem geregelten Verfahren und unter Berücksichtigung der allgemeinen Verfahrensgrundsätze. Die strafrechtlichen Grundprinzipien sind in der spanischen Verfassung verankert und stehen in Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention:
Artikel 9.3
3. Die Verfassung gewährleistet den Grundsatz der Gesetzlichkeit, die Normhierarchie, […] das Rückwirkungsverbot von Strafbestimmungen […], die Rechtssicherheit […] und das Willkürverbot.
Artikel 10.1
1. Die Würde des Menschen, die unverletzlichen Rechte, die ihr innewohnen, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Achtung des Gesetzes und der Rechte anderer sind die Grundlagen der politischen Ordnung und des soziales Friedens.
Artikel 15
Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche und moralische Unversehrtheit und niemand darf – in keinem Fall – der Folterung oder unmenschlichen und entwürdigenden Strafen oder Behandlungen ausgesetzt werden. Die Todesstrafe ist abgeschafft, mit Ausnahme der Bestimmungen, die die militärischen Strafgesetze für den Kriegsfall festlegen können.
Artikel 17
1. Jeder hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Ein Freiheitsentzug darf nur unter Beachtung der Bestimmungen dieses Artikels und nur nach Maßgabe der vom Gesetz bestimmten Fälle und Formen stattfinden.
2. Die vorläufige Festnahme darf nicht länger dauern, als es für die Ermittlungen, die zur Klärung des Sachverhalts führen sollen, absolut notwendig ist; in jedem Falle muß der Festgenommene nach einer Höchstfrist von 72 Stunden freigelassen oder der Justizbehörde übergeben werden.
3. Jede festgenommene Person muß unverzüglich und auf für sie verständliche Art und Weise über ihre Rechte und die Gründe ihrer Festnahme informiert werden; sie darf nicht zur Aussage gezwungen werden. Gemäß den Bestimmungen des Gesetzes wird dem Festgenommenen der Beistand eines Anwalts bei den polizeilichen oder richterlichen Ermittlungen garantiert.
4. Das Gesetz sieht ein Habeas-Corpus-Verfahren vor, nach dem jede unrechtmäßig festgehaltene Person unverzüglich dem Richter vorzuführen ist. Das Gesetz bestimmt desgleichen die Höchstdauer der Dauer der Untersuchungshaft.
Artikel 24
1. Alle Personen haben bei der Ausübung ihrer legitimen Rechte und Interessen das Recht auf wirksamen Schutz durch Richter und Gerichte. In keinem Fall darf es zu Verteidigungslosigkeit kommen.
2. Ebenso haben alle das Recht auf einen vom Gesetz bestimmten ordentlichen Richter, auf Verteidigung und Beistand durch einen Rechtsanwalt, über die gegen sie erhobenen Anklage unterrichtet zu werden, auf einen öffentlichen Prozeß ohne ungebührliche Verzögerungen und mit allen Garantien, auf Verwendung von zur Sache gehörenden Beweismitteln für ihre Verteidigung, nicht gegen sich selbst auszusagen, sich nicht für schuldig zu bekennen, sowie auf die Unschuldsvermutung. Das Gesetz regelt die Fälle, in denen auf Grund der Verwandtschaft oder des Berufsgeheimnisses keine Verpflichtung zur Aussage über mutmaßliche Straftaten besteht.
Artikel 25
1. Niemand darf auf Grund von Handlungen oder Unterlassungen bestraft oder verurteilt werden, die zum Zeitpunkt ihrer Ausführung und gemäß der geltenden Gesetzgebung keine Straftat, Vergehen oder verwaltungsrechtliche Ordnungswidrigkeit darstellten.
2. Die Strafen des Freiheitsentzugs und Sicherheitsmaßnahmen sind auf Umerziehung und Resozialisierung gerichtet und dürfen nicht aus Zwangsarbeit bestehen. Ein zu einer Gefängnisstrafe Verurteilter genießt bei deren Verbüßung die in diesem Kapitel vorgesehenen Grundrechte, mit Ausnahme derer, die durch den Inhalt des Strafurteils, den Sinn der Strafe und das Strafvollzugsgesetz ausdrücklich eingeschränkt sind. In jedem Fall hat er das Recht auf eine bezahlte Arbeit und auf die entsprechenden Leistungen der sozialen Sicherheit, sowie auf Zugang zur Kultur und auf vollständige Entfaltung seiner Persönlichkeit.
3. Die Zivilverwaltung darf keine Sanktionen verhängen, die direkt oder subsidiär Freiheitsentzug beinhalten.
Die vorbezeichneten Artikel der Verfassung ermöglichen einen klaren und präzisen Überblick über die strafrechtlichen Rahmenbedingungen in Spanien.
Das Kernstrafrecht ist im Código Penal (das spanische Strafgesetzbuch) enthalten. Der Código Penal aus dem Jahre 1995 unterteilt sich in einen Einleitenden Teil und 2 Bücher. Das Buch III wurde 2015 aufgehoben und die dort geregelten faltas (Übertretungen) durch die neuen delitos leves (geringfügige Vergehen) ersetzt. Eine weitere Neuerung des Jahres 2015 war die Einführung der lebenslangen überprüfbaren Haftstrafe z. B. für Mord mit strafschärfenden Tatumständen oder Völkermord.
Informationen zum Código Penal und einzelnen Straftaten finden Sie auf der nächsten Seite Das spanische Strafgesetzbuch (Código Penal).
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