Das spanische Rechtssystem

Der Rechtsanwalt

Man kennt ihn in Spanien unter dem Namen Abogado oder auch Letrado. Die spanische Rechtsanwaltsordnung definiert den Rechtsanwalt als Juristen, der beruflich Parteien in jeder Art von Verfahren leitet und verteidigt oder sich der Rechtsberatung widmet.

In der Praxis ergibt sich ein fächerartiges außergerichtliches und gerichtliches Aufgabenfeld. Dies geht über Rechtsberatungen, um z.B. Testamente zu gestalten, das Aufsetzen von Verträgen oder jegliche andere außergerichtliche Angelegenheiten. Doch wenn es etwas gibt, womit der Rechtsanwalt natürlich in Verbindung gebracht wird, ist es wohl die Prozessleitung. Der Rechtsanwalt steht seinem Mandanten bei, klärt diesen über seine rechtliche Situation auf, informiert ihn über die Auswirkungen seiner Handlungen oder Unterlassungen und versieht ihn mit den nötigen rechtlichen Mitteln um sich gegenüber Dritten zu verteidigen. Für den normalen Bürger stellt der Rechtsanwalt sehr oft die wichtigste Verbindung mit der Justiz dar, zumal er die erwählte Vertrauensperson ist, um seine Interessen zu pflegen.

In Spanien ist die Beratung von Mandanten, sowohl in gerichtlichen aber auch außergerichtlichen Streitigkeiten, ausschließlich dem Abogado vorbehalten. Die einzige Ausnahme bildet hier der Graduado social, ein zugelassener Fachwirt für Arbeitgeber-Arbeitnehmerbeziehungen, der in sozial- oder arbeitsrechtlichen Angelegenheiten auftreten.

Um in Spanien als Anwalt tätig zu sein, muss man einen Hochschulabschluss der Rechtswissenschaften an einer de diversen Fakultäten erworben haben (früher Licenciatura en Derecho und heutzutage Grado en Derecho), den Zugangsmaster zum Anwaltsberuf bestanden haben und fernerhin und zugelassenes Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sein. Diese teilt dem Anwalt obligatorisch eine persönliche und im Prinzip lebenslange nicht übertragbare Rechtsanwaltsnummer zu (número de colegiado).

In Bezug auf die Rechtsanwaltszulassung hat sich Spanien in den letzten Jahren der europäischen Realität und Gesetzgebung angepasst. Die letzte Novellierung der spanischen Rechtsanwaltsordnung änderte die Gerichtszulassung, bzw. hob diese teilweise auf. Unter der vorherigen Regelung war der spanische Rechtsanwalt an die Gerichte seines Rechtsanwaltskammerbezirkes gebunden und war nur an diesen und dem Obersten Gerichtshof (Tribunal Supremo) zugelassen. Das heißt, dass der Rechtsanwalt nur an jenen Gerichten auftreten konnte, die in den Zuständigkeitsbereich seiner Rechtsanwaltskammer fielen.

Im Juni 2001 wurde aber das Prinzip der Colegiación única (Allgemeine Zulassung) eingeführt. Aufgrund dieser allgemeinen Zulassung ist es nun jedem zugelassenen spanischen Rechtsanwalt erlaubt, ganz gleich welcher spanischen Rechtsanwaltskammer er angehört, in ganz Spanien und vor allen Gerichten tätig zu sein, also auch außerhalb des Zuständigkeitsbereiches seiner Anwaltskammer.