Das spanische Rechtssystem

Der Pflichtverteidiger und die Prozesskostenhilfe

Jeder hat zweifelsohne das Recht sich effektiv vor einem Gericht zu verteidigen oder seine Rechte geltend zu machen. Meistens können gesetzlich zugestandene Rechte ihre Funktion aber erst dann erfüllen, wenn auch der entsprechende Beistand gewährleistet wird. Dies beinhaltet nicht nur die Rechtsbelehrung sondern auch den Beistand eines juristischen Ratgebers: der Rechtsanwalt. Nun hat aber nicht jeder Kläger oder Beschuldigte die nötigen finanziellen Mittel dafür oder evtl. kennt man keinen Rechtsanwalt. Ist dies der Fall, so hat man in Spanien Anspruch auf einen Pflichtverteidiger (Abogado de Oficio), sowie den entsprechenden Prozessvertreter. Dies gilt für alle Rechtsgebiete (Zivilrecht, Strafrecht, Verwaltungsrecht und Sozialrecht) und selbstverständlich sowohl für spanische Bürger als auch für Ausländer.

Der Abogado de Oficio wird einem von der entsprechenden Rechtsanwaltskammer zugeteilt und muss seit mindestens drei Jahren zugelassen sein. Im Strafrecht gilt für besonders schwere Straftaten ein Minimum von fünf Jahren Rechtsanwaltszulassung.

Pflichtverteidiger bedeutet aber nicht automatisch Prozesskostenhilfe und/oder Prozesskostenhilfeanwalt. Es handelt sich hier um zwei verschieden Aspekte, die oft verwechselt werden. Ist Anwaltszwang vorgesehen (z. B. im Strafrecht) kann ein Rechtsanwalt beantragt werden oder zwingend für die Verteidigung zugeteilt werden. Ob allerdings zusätzlich Prozesskostenhilfe gewährt wird (asistencia jurídica gratuita) hängt vom Einkommen ab. Es kann daher durchaus vorkommen, dass man einen Rechtsanwalt zugeteilt bekommt und später dessen Honorare zahlen muss.

Die Kriterien um Prozesskostenhilfe zu beantragen sind grundlegend auf das Einkommen ausgelegt. Jeder Antrag wird durch einen speziellen Ausschuss geprüft. Als Bemessungsgrundlage benutzt die spanische Verwaltung einen Index (IPREM), der jedes Jahr im Staatsanzeiger (BOE) veröffentlicht wird.